Tauchreflex: 4 Methoden, wie Du von ihm profitieren kannst

Der Tauchreflex….was ist das überhaupt und was verursacht das in unserem Körper?

Die besten Apnoe Taucher der Welt brechen jährlich einen Rekord nach dem Anderen.

Sie tauchen weit mehr als 100 Meter beim Tieftauchen und über 300 Meter beim Streckentauchen.

Wale, ebenfalls lungenatmende aber tauchende Tiere tauchen 3.000 Meter und über 90 Minuten.

Nur warum schaffen die das überhaupt so weit und tief zu tauchen, und zwar ohne dabei Ohnmächtig zu werden? 

Da kommen dem ein- oder anderen vielleicht folgende Fragen auf:

  • Sind die Apnoe Taucher einfach genetisch besser veranlagt als man selbst?
  • Können die vielleicht von Natur aus länger die Luft anhalten?
  • Kann ich eigentlich auch Apnoe Taucher werden?
  • Sind Wale und Robben nicht eigentlich auch Apnoe Taucher?

Verantwortlich dafür ist der natürliche Tauchreflex aller lungenatmenden Säugetiere.

In diesem Blogbeitrag möchte ich mal etwas genauer darauf eingehen, und dir zeigen, warum Apnoetaucher, und da gehören Wale und Delfine auch zu, so lange tauchen können.

Der Tauchreflex der Säugetiere


Der Tauchreflex, eine wichtige Schutzfunktion aller lungenatmenden Säugetiere.

Er aktiviert beim Eintauchen in Wasser und dem Berühren bestimmter Rezeptoren rund um unser Gesicht mit Flüssigkeit körpereigene Schutzfunktionen:

  • Die Bradykardie
  • Die Periphere Vasokonstriktion
  • Die Anaerobe Energiebereitstellung
  • Die Milz

Der Tauchreflex wird stärker, je kälter das Wasser ist, welches die Rezeptoren an Mund, Stirn und Co. berühren.

Aus diesem Grund tauchen unsere Weltklasse Apnoe Taucher zum Teil ohne Maske und auch nur noch mit einer Nasenklammer, um das Wasser daran zu hindern in die Nase einzufließen.

Diese Art des Apnoetauchens erfordert sehr viel Übung und eine Gewöhnung an die Immersion in Wasser ohne eine schützende Maske für das Gesicht.

Dafür werden die Apnoetaucher aber mit einem verbesserten und deutlich stärkeren Tauchreflex belohnt.

Beim Eintauchen in Wasser geht der Körper dann automatisch davon aus, dass erstmal nicht geatmet wird und löst über die Rezeptoren den Tauchreflex aus.

Die Schutzmechanismen dienen dann dazu Sauerstoff einzusparen, damit wir als Apnoe Taucher unseren Körper so lange wie möglich für wichtigere Funktionen verwenden können als der Fortbewegung.

So werden dann alle überlebenswichtigen Organe bis zu einer gewissen Schwelle weiterhin mit Sauerstoff versorgt und andere nicht so wichtige vom Blutkreislauf abgeschnitten.

Hat der Tauchreflex einmal eingesetzt, so ist die Zeit unter Wasser natürlich auch begrenzt. Ab einer gewissen Schwelle, wo die Extremitäten nicht mehr mit Blut versorgt werden, kann es passieren, dass die Muskeln verkrampfen und keine weitere Fortbewegung mehr möglich ist.

Bei Walen und Robben ist, dadurch dass Sie einen extrem gut ausgebildeten Tauchreflex besitzen, die Apnoe- bzw. Tauchzeit deutlich höher als bei uns Menschen.

Tauchreflex: Die 4 Schutzmechanismen


#1 Bradykardie

Die Bradykardie sorgt für eine Verringerung der Herzfrequenz, wodurch dann insgesamt weniger Blut durch den Körper befördert wird. Dieser Schutzmechanismus ist bei allen lungenatmenden Säugetieren zu finden.

Die Verringerung der Herzfrequenz kann ca. 20-30 % betragen.

Geübten Apnoe Tauchern, welche den Tauchreflex schon eine gewisse Zeit trainiert haben, ist es möglich ihren Puls durch die richtige Entspannungstechnik und dem Einsetzen des Tauchreflexes auf ca. 30 – 35 Schläge pro Minute zu reduzieren

Dadurch, dass weniger Blut durch den Körper transportiert wird, kann auch weniger Sauerstoff verbraucht werden.

Zusammen mit der peripheren Vasokonstriktion werden die überlebenswichtigen Organe nun zentralisiert mit Sauerstoff versorgt.

Diese ökonomische Umstellung des Körpers begünstigt durch den Tauchreflex führt zu einer deutlich längeren Apnoe- und Tauchzeit der Apnoe Taucher.

#2 Periphere Vasokonstriktion

Bei der peripheren Vasokonstriktion des Tauchreflexes kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße zu den Extremitäten und einer Zentralisierung des Blutes zu den überlebenswichtigen Organen.

Die Extremitäten wie Beine, Füße, sowie unter anderem die Arme und Hände werden dann durch die Verengung der Blutgefäße schlechter mit sauerstoffhaltigem Blut versorgt.

Durch die reduzierte Versorgung der Extremitäten mit sauerstoffhaltigem Blut müssen die Muskeln ihren Stoffwechselprozess zur Fortbewegung (zum Beispiel der Flossenschlag) umstellen.

Dies passiert fließend.

Dieser veränderte Stoffwechselprozess im Muskel wird dann als anaerobe Energiebereitstellung, einem Stoffwechselprozess ohne Sauerstoff, bezeichnet.

Der überwiegende Teil der Fortbewegung bei uns Apnoe Tauchern oder auch bei Walen ist anaerob, also damit ohne  die Verwendung von Sauerstoff.

#3 Die anaerobe Energiebereitstellung der Apnoe Taucher

Bei der aeroben Energiebereitstellung des Stoffwechselkreislaufs wird mit dem eingeatmeten und dem Muskel zugeführten Sauerstoff freie Fettsäuren zusammen mit Glukose zu Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) abgebaut.

Es wird also für die Kontraktionen der Muskeln Sauerstoff verbrannt, damit wir uns durch das Wasser fortbewegen können.

Dadurch, dass wir Apnoe Taucher uns aber die meiste Zeit im anaeroben Bereich der Energiebereitstellung befinden, laufen bestimmt Stoffwechselprozesse im Muskelgewebe ab, um die Kontraktion des Muskels trotzdem aufrechtzuerhalten.

Die anaerobe Energiebereitstellung in unseren Muskeln benötigt keinen Sauerstoff und wird durch den Abbau von Glykogen hin zu Laktat und ATP bereitgestellt.

Hierbei fallen allerdings andere unerwünschte Reaktionsprodukte wie die Milchsäure an.

Die anfallende Milchsäure gärt dann zu Laktat, welches bei anhaltender ausdauernder und starker Belastung zu einer Muskelverkrampfung führen wird.

Dies ist dann ebenfalls eine weitere Schutzfunktion unseres Körpers.

Wird innerhalb dieser Zeit nicht aufgetaucht, so führt der zu hohe Laktatwert zu Muskelversagen und damit zur Bewegungsunfähigkeit.

Anaerobe Belastungen eines Muskels sind meistens nur von kurzer Dauer möglich, wobei aerobe Belastungen über Stunden hinweg möglich sind.

So sind zum Beispiel Marathon- oder Triathlon Läufe, eine überwiegend aerobe, nicht so intensive Belastung des Muskels wobei die Energiebereitstellung des Muskels zu einem großen Teil durch die Verwendung von Sauerstoff erfolgt.

Kurze, schnelle und intensive Sprints, Gewichtheben, oder auch bei den Apnoe Tauchern (sobald der Tauchreflex eintritt) fallen unter die anaerobe Energiebereitstellung des Muskels, wobei kein Sauerstoff für den Stoffwechselprozess hinzugezogen wird.

#4 Die Milz

Die Milz ist ein kleines Organ, welches sich in der Bauchhöhle und in der Nähe des Magens befindet. Die Hauptaufgaben der Milz sind eigentlich die Vermehrung der weißen Blutkörperchen und die Aussortierung überalterter roter Blutkörperchen.

Wissenschaftlich aber noch nicht zu 100% belegt, wird davon ausgegangen, dass die Milz beim Tauchreflex eine ebenso nicht unwesentliche Rolle spielt.

Die Milz ist ein Organ, welches beim einsetzenden Tauchreflex eine bestimmt Menge an rotem sauerstoffreichem Blut in den Blutkreislauf ausstößt.

Es wird angenommen, dass von einem Sauerstoffanstieg von 5-10 % auszugehen ist, was dann zu einer Verlängerung der Tauchzeit führt.

Die Menge der ausgeschütteten roten Blutkörperchen bei Walen und tauchenden Tieren ist deutlich ausgeprägter und besser entwickelt als bei uns Menschen. 

Die Vorteile des Tauchreflexes


Hat der Tauchreflex erstmal so richtig eingesetzt, wirst du von den Vorteilen überwältigt sein.

Der Umgang mit den schweren Beinen durch die Periphere Vasokonstriktion, also der Gefäßverengung zu den Extremitäten, ist am Anfang noch gewöhnungsbedürftig.

Deine Beine werden sich wehren, dich weiter durchs Wasser zu befördern.

Du musst dir aber immer sagen, dass es NUR die natürliche Reaktion deines Körpers auf das Eintauchen in Wasser ist, und das der Effekt des Tauchreflexes durch kaltes Wasser und das steigende CO2 in deinem Körper noch weiter verstärkt wird.

Durch einen möglichst starken Tauchreflex kannst du deutlich länger, weiter und tiefer tauchen.

Lässt sich der Tauchreflex trainieren?


Durch regelmäßigen Kontakt der Rezeptoren rund um dein Gesicht mit Wasser, kannst du den Tauchreflex auslösen und auch trainieren.

Je öfter du das so trainierst und je kälter das Wasser ist, desto stärker wird auch dein Tauchreflex mit der Zeit.

Für den Anfang würde ich erstmal mit nicht allzu kaltem Wasser beginnen. Kälter geht hinterher immer noch.

Mit dieser Anleitung kannst du deinen Tauchreflex trainieren.

So trainierst Du deinen Tauchreflex:

  • Schnapp dir eine Schüssel
  • Fülle Sie mit möglichst kaltem Wasser
  • Stelle die gefüllte Schüssel auf einen Tisch
  • Setz dich auf einen Stuhl
  • Und tauche nun vorne über dein Gesicht darin ein und bleibst einige Sekunden mit dem Gesicht im Wasser
  • Dies wiederholst du nun ein paar Mal

Wichtig: Solche Übungen bitte niemals alleine, sondern immer in Begleitung mit einer sichernden Person trainieren.

Wenn du Probleme mit Wasser in deiner Nase hast, solltest Du dir hier diese Nasenklammer* besorgen

Fazit


Neben der körperlichen und mentalen Fähigkeit sehr lange unter Wasser bleiben zu können trägt Mutter Natur ebenfalls mit dem Einsetzen des Tauchreflexes dazu bei lange Apnoe- und Tauchzeiten zu erreichen.

Wenn man sich also während des Atemreizes und ohne zu hyperventilieren ausreichend entspannen kann, steht einer langen Apnoe- und Tauchzeit für uns Apnoe Taucher nichts mehr im Wege.

Zusammenfassend kann man also sagen:

  • Die Zentralisierung des Blutes durch die periphere Vasokonstriktion führt zu einer Verengung der Blutgefäße und einer Reduzierung des Blutzuflusses zu den Extremitäten.
  • Die Verlangsamung des Herzschlags durch die Bradykardie und die darauf folgende Umstellung der Energiebereitstellung in den anaeroben Bereich der Fortbewegungsmuskeln sorgt für eine lange Tauchzeit von lungenatmenden Lebewesen.
  • Bei der anaeroben Energiebereitstellung im Stoffwechselprozess kontrahieren unsere Muskeln ohne die Verwendung von Sauerstoff. Milchsäure gärt zu Laktat, was zu einem Anstieg des Laktatgehalts in den Muskeln führt. Wenn der Laktatwert immer weiter ansteigen würde, so würde dies dann irgendwann unweigerlich zu einem Versagen des Muskels führen. 
  • Die Milz unterstützt den Tauchreflex mit ihrer Ausschüttung roter sauerstoffreicher Blutkörperchen und sorgt für einen Anstieg des Sauerstoffgehalts im Blut und erhöht damit ebenfalls die Tauchzeit der Wale und Apnoe Taucher. 
Sebastian Klugstedt

Sebastian Klugstedt

Sebastian Klugstedt ist der Gründer von Freitauchen Lernen, Tauchlehrer fürs Apnoetauchen und eine absolute Wasserratte. Begleite ihn auf seinen Reisen zu den schönsten Riffen dieser Welt und entdecke das Apnoetauchen. Erfahre mehr über Sebastian und seine atemlosen Abenteuer.

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